35. Was verbirgt sich hinter der Nachsicht gegenüber anderen
Vor ein paar Monaten wurden Connor und ich mit der Leitung der Bewässerungsarbeit beauftragt. Schon bald bemerkte ich, dass Connor keine große Last auf sich nahm. Er hielt keine Gemeinschaft mit Leuten, um ihnen rasch zu helfen, und beteiligte sich nicht sehr engagiert an Arbeitsgesprächen. Der Leiter meinte, Connor sei schlampig und unverantwortlich und ich müsse mit ihm Gemeinschaft darüber halten. Ich dachte, vielleicht hatte er viel zu tun und deshalb einen Teil der Arbeit aufgeschoben. Ich dachte mir, es war ja nicht so, als würde er gar nichts tun. Ich sollte nicht zu viel von ihm erwarten, und ich kann selbst mich um die Dinge kümmern, über die er nicht Gemeinschaft gehalten hatte. Also ging ich den Problemen, die er in der Arbeit hatte, nicht auf den Grund. Nach einiger Zeit erinnerte ich Connor vor einer Versammlung für einige Brüder und Schwestern daran, sich einige Tage vorher über die Probleme zu informieren, um die richtigen Worte Gottes für den gemeinschaftlichen Austausch zu finden und die Versammlung wirkungsvoller zu machen. Später fragte ich die Teilnehmer, ob Connor sich nach ihrem Zustand und ihren Schwierigkeiten erkundigt hatte, und alle verneinten. Ich fand, dass er sich wirklich unverantwortlich verhielt. Die anderen hatten eine Menge Schwierigkeiten und machten Fehler in ihrer Pflicht. Sie brauchten mehr Hilfe und gemeinschaftlichen Austausch, aber er nahm es nicht ernst. Das war wirklich nachlässig von ihm! Ich dachte, dieses Mal sollte ich sein Problem wirklich ansprechen. Aber dann dachte ich, wenn er es nicht akzeptiert, wenn er sagt, ich würde zu viel erwarten und mir gegenüber voreingenommen wird, würde das nicht aussehen, als sei ich zu streng und gefühllos gegenüber anderen? Außerdem war Connor jung und deshalb war es wahrscheinlicher, dass er sich auf fleischliches Wohlbefinden konzentrierte. Auch ich war manchmal nachlässig und konzentrierte mich auf Bequemlichkeit, deshalb sollte ich nicht zu viel verlangen. Ich konnte mich selbst darum kümmern. Sei hart zu dir selbst und sanft zu anderen. Ich werde es gleich anpacken und weniger Pausen machen. Also hielt ich nicht Gemeinschaft mit Connor und wies ihn nicht auf sein Problem hin. Bei anderen Arbeiten verhielt ich mich genauso. Wenn ich sah, dass jemand seine Sache nicht gut machte, suchte ich nicht nach der Ursache oder einer Lösung, sondern war einfach nur tolerant und geduldig. Manchmal ärgerte ich mich sehr über das Verhalten von jemandem, aber dann fraß ich meine Wut in mich hinein. Ich dachte: „Vergiss es – lass sie tun, wozu sie in der Lage sind, ich kümmere mich um den Rest.“ Nach einer Weile wollten die Brüder und Schwestern mich um Hilfe bei ihren Problemen bitten. Ich fühlte mich nicht bedrängt oder aufgebracht, als ich sah, dass sie alle eine hohe Meinung von mir hatten. Die ganze Zeit über war ich überzeugt, ich sei jemand mit guter Menschlichkeit, weil ich hart zu mir selbst und nachsichtig mit anderen war, nicht wie manche Leute, die immer an allem herummäkeln und mit niemandem zusammenarbeiten können.
Dann eines Tages etwas in Gottes Worten über „streng mit sich selbst und tolerant gegenüber anderen zu sein“, und sah mich selbst mit anderen Augen. Der Allmächtige Gott sagt: „‚Sei streng mit dir selbst und anderen gegenüber tolerant‘ – was bedeutet dieser Spruch? Er bedeutet, dass man an sich selbst strenge Anforderungen stellen und gegenüber anderen Menschen nachsichtig sein sollte, damit sie sehen können, wie großzügig und großherzig du bist. Warum sollten Menschen das dann also tun? Was soll dadurch erreicht werden? Ist es machbar? Ist es wirklich ein natürlicher Ausdruck der Menschlichkeit der Menschen? Du musst selbst so viele Kompromisse eingehen, um dies in Angriff zu nehmen! Du darfst keine Wünsche und Ansprüche haben, du musst dir abverlangen, weniger Freude zu empfinden, etwas mehr zu leiden, einen höheren Preis zu zahlen und mehr zu arbeiten, damit andere sich nicht aufreiben müssen. Und wenn andere jammern, sich beschweren oder schlechte Leistungen erbringen, darfst du nicht zu viel von ihnen verlangen – mehr oder weniger ist gut genug. Die Menschen halten dies für ein Zeichen einer edlen Moral – aber warum klingt das für Mich falsch? Ist es nicht falsch? (Doch.) Unter normalen Umständen ist der natürliche Ausdruck der Menschlichkeit eines gewöhnlichen Menschen, sich selbst gegenüber tolerant und anderen gegenüber streng zu sein. Das ist eine Tatsache. Die Menschen können die Probleme von allen anderen wahrnehmen. Jemand sagt: ‚Diese Person ist arrogant! Diese Person ist schlecht! Diese Person ist egoistisch! Der ist oberflächlich bei der Ausführung seiner Pflicht! Dieser Mensch ist so faul‘, während er bei sich denkt: ‚Wenn ich ein bisschen faul bin, ist das in Ordnung. Ich bin von gutem Kaliber. Obwohl ich faul bin, leiste ich bessere Arbeit als andere!‘ Sie bemängeln andere und sind gerne pingelig, aber sich selbst gegenüber sind sie tolerant und entgegenkommend, wo immer es geht. Ist das nicht ein natürlicher Ausdruck ihrer Menschlichkeit? (Das ist es.) Wenn man von den Menschen erwartet, dass sie der Idee gerecht werden, ‚sei streng mit dir selbst und anderen gegenüber tolerant‘ zu sein, welchen Qualen müssen sie sich dann aussetzen? Könnten sie das wirklich ertragen? Wie viele Menschen würden das schaffen? (Keiner.) Und warum ist das so? (Die Menschen sind von Natur aus egoistisch. Sie handeln nach dem Prinzip, dass ‚Jeder für sich und den Letzten holt der Teufel‘ gilt.) Tatsächlich ist der Mensch selbstsüchtig geboren, der Mensch ist ein selbstsüchtiges Geschöpf und ist stark der satanischen Philosophie verpflichtet: ‚Jeder für sich und den Letzten holt der Teufel.‘ Die Menschen glauben, dass es für sie katastrophal und unnatürlich wäre, nicht selbstsüchtig zu sein und auf sich selbst zu achten, wenn ihnen etwas widerfährt. Das ist es, was die Menschen glauben und wie sie handeln. Wenn von den Menschen erwartet wird, dass sie nicht egoistisch sind, dass sie strenge Anforderungen an sich selbst stellen und dass sie eher bereit sind, Verluste zu erleiden, anstatt andere auszunutzen, ist das dann eine realistische Erwartung? Wenn von den Menschen erwartet wird, dass sie, wenn sie von jemandem ausgenutzt werden, fröhlich sagen: ‚Du nutzt mich aus, aber ich mache kein Aufhebens deswegen. Ich bin ein toleranter Mensch, ich werde dich nicht schlecht machen oder versuchen, mich an dir zu rächen, und wenn du mich noch nicht genug ausgenutzt hast, kannst du gerne weitermachen‘ – ist das eine realistische Erwartung? Wie viele Menschen könnten das schaffen? Verhält sich die verdorbene Menschheit normalerweise so? Dies zu erreichen, wäre offensichtlich anormal. Warum ist das so? Weil Menschen mit verdorbenen Dispositionen, insbesondere egoistische und gemeine Menschen, für ihre eigenen Interessen kämpfen, und an andere zu denken wird sie absolut nicht zufriedenstellen. Daher ist dieses Phänomen, wenn es denn eintritt, eine Anomalie. ‚Sei streng mit dir selbst und anderen gegenüber tolerant‘ – dieser Anspruch an das moralische Verhalten ist offensichtlich nur eine Forderung, die weder den Tatsachen noch der Menschlichkeit entspricht und die von sozialen Moralisten, die die Menschlichkeit nicht verstehen, an den Menschen gestellt wird. Es ist, als würde man einer Maus sagen, sie dürfe keine Löcher machen, oder einer Katze, sie dürfe keine Mäuse fangen. Ist es richtig, eine solche Forderung zu stellen? (Nein. Sie verstößt gegen die Gesetze der Menschlichkeit.) Diese Forderung entspricht eindeutig nicht der Realität und ist sehr hohl“ (Das Wort, Bd. 6, Über das Streben nach der Wahrheit: Was es bedeutet, nach der Wahrheit zu streben (6)). Als ich diesen Abschnitt zum ersten Mal las, verstand ich ihn nicht ganz, denn ich hatte immer gedacht, es sei gut, „streng mit sich selbst und tolerant gegenüber anderen“ zu sein. Ich habe solche Menschen immer bewundert und wollte auch so sein. Dann aber dachte ich gründlich nach über Gottes Worte und fand sie völlig zutreffend. Sie überzeugten mich völlig. Vor allem, als ich Folgendes las: „Menschen mit verdorbenen Dispositionen, insbesondere egoistische und gemeine Menschen, für ihre eigenen Interessen kämpfen, und an andere zu denken wird sie absolut nicht zufriedenstellen. Daher ist dieses Phänomen, wenn es denn eintritt, eine Anomalie. ‚Sei streng mit dir selbst und anderen gegenüber tolerant‘ – dieser Anspruch an das moralische Verhalten ist offensichtlich nur eine Forderung, die weder den Tatsachen noch der Menschlichkeit entspricht und die von sozialen Moralisten, die die Menschlichkeit nicht verstehen, an den Menschen gestellt wird. Es ist, als würde man einer Maus sagen, sie dürfe keine Löcher machen, oder einer Katze, sie dürfe keine Mäuse fangen.“ Ich war wirklich verblüfft. Es stellte sich heraus, dass dieser Gedanke, an dem ich festhielt, unpraktisch und inhuman war und einfach nicht verwirklicht werden konnte. Es darf nicht zu einer Norm werden, der man folgt. Wenn ich auf mein Verhalten zurückblicke, war es wirklich so, wie Gott aufgezeigt hatte. Wenn ich hart zu mir selbst und nachsichtig mit anderen war, fühlte ich mich ungerecht behandelt und war aufgebracht, und selbst als ich dementsprechend handelte, wollte ich es eigentlich nicht – ich war nicht glücklich dabei. Connor zum Beispiel. Ich war mir sehr wohl bewusst, dass er sich durchwurstelte und faul und unverantwortlich bei seiner Pflicht war. Ich war wütend und wollte seine Probleme aufdecken, damit er sich rasch ändern und für mich ein verlässlicher Partner sein konnte. Dann wieder dachte ich, ich sollte nicht zu streng sein, dass ich hart zu mir selbst und sanft zu anderen sein sollte, und damit gab ich die Idee auf, mit ihm über seine Probleme zu sprechen. Sicher war ich in der Lage, ein bisschen mehr zu leiden, einen etwas höheren Preis zu zahlen und sollte nicht zu viel von ihm verlangen, damit ich nicht zu rücksichtslos oder kleinlich wirkte. Da ich für die Arbeit einiger Gruppen verantwortlich war, hatte ich bereits alle Hände voll zu tun. Ich fand es ungerecht, dass ich ihm auch noch helfen musste, die Probleme bei seiner Arbeit anzugehen, und hatte viele Beschwerden, aber da ich dem Grundsatz folgte, hart zu mir und tolerant mit anderen zu sein, und damit andere gut von mir denken würden, schwieg ich. Das war mein tatsächlicher Zustand und was ich wirklich dachte. Genau wie Gott sagt: „Der Mensch selbstsüchtig geboren, der Mensch ist ein selbstsüchtiges Geschöpf und ist stark der satanischen Philosophie verpflichtet: ‚Jeder für sich und den Letzten holt der Teufel.‘ Die Menschen glauben, dass es für sie katastrophal und unnatürlich wäre, nicht selbstsüchtig zu sein und auf sich selbst zu achten, wenn ihnen etwas widerfährt. Das ist es, was die Menschen glauben und wie sie handeln.“ Wir alle sind von Natur aus egoistisch, und ich bin da keine Ausnahme. Wenn ich mehr tue, ärgere ich mich über die harte Arbeit und die Erschöpfung. Ich fühle mich deshalb ungerecht behandelt und bin aufgebracht und unglücklich. Und dennoch handelte ich gegen mein Innerstes und war hart zu mir selbst und nachsichtig mit anderen. Welche verdorbene Disposition verbirgt sich wirklich hinter dieser Haltung, „hart zu sich selbst und tolerant gegenüber anderen“ zu sein? Was sind die Folgen dieser Haltung?
Mit dieser Frage trat ich suchend im Gebet vor Gott. Dann las ich Seine Worte. „‚Sei streng mit dir selbst und anderen gegenüber tolerant‘ – wie auch die Sprüche ‚Steck dir das gefundene Geld nicht in die eigene Tasche‘ und ‚Hab Freude daran, anderen zu helfen‘, ist eine jener Forderungen, die die Traditionskultur an das moralische Verhalten der Menschen stellt. Ebenso ist sie, unabhängig davon, ob jemand ein solches moralisches Verhalten erreichen oder ausüben kann, dennoch nicht der Maßstab oder die Norm um seine Menschlichkeit zu bemessen. Es mag sein, dass du wirklich in der Lage bist, streng mit dir selbst und anderen gegenüber tolerant zu sein, und dass du an dich selbst besonders hohe Anforderungen stellst. Du magst vielleicht moralisch rein sein und immer an andere denken und auf sie Rücksicht nehmen, ohne egoistisch zu sein und deine eigenen Interessen zu verfolgen. Vielleicht erscheinst du besonders großmütig und selbstlos und hast einen ausgeprägten Sinn für soziale Verantwortung und die gesellschaftliche Moral. Deine noble Persönlichkeit und deine noblen Qualitäten zeigst du vielleicht denen, die dir nahestehen, und denen, denen du begegnest und mit denen du Umgang pflegst. Dein Verhalten gibt anderen nie Anlass dazu, dich zu tadeln oder zu kritisieren, sondern ruft stattdessen überschwängliches Lob und sogar Bewunderung hervor. Die Menschen mögen dich als jemanden ansehen, der wirklich streng mit sich selbst und tolerant gegenüber anderen ist. Dies sind jedoch nur äußerliche Verhaltensweisen. Stimmen die Gedanken und Wünsche tief in deinem Herzen mit diesen äußeren Verhaltensweisen überein, mit diesen Handlungen, die du nach außen hin auslebst? Die Antwort ist nein, sie tun es nicht. Der Grund, warum du so handeln kannst, ist, dass ein Motiv dahinter steckt. Was genau ist dieses Motiv? Könntest du es ertragen, dass dieses Motiv das Licht der Welt erblickt? Sicherlich nicht. Das beweist, dass dieses Motiv etwas Unaussprechliches ist, etwas Dunkles und Böses. … Man kann mit Sicherheit sagen, dass die meisten derjenigen, die von sich selbst verlangen, die Moral ‚Sei streng mit dir selbst und anderen gegenüber tolerant‘ zu erfüllen, von Status besessen sind. Von ihren verdorbenen Dispositionen getrieben, können sie nicht anders, als nach Prestige bei den anderen Menschen, sozialem Ansehen und Status in den Augen der anderen zu streben. Alle diese Dinge hängen mit ihrem Wunsch nach Status zusammen und werden unter dem Deckmantel ihres guten moralischen Verhaltens angestrebt. Und wie kommt es zu den von ihnen angestrebten Dingen? Sie kommen gänzlich von ihren verdorbenen Dispositionen und werden von diesen angetrieben. In jedem Fall kann also dies, ob jemand die Moral ‚Sei streng mit dir selbst und anderen gegenüber tolerant‘ erfüllt oder nicht, und ob er es meisterhaft tut oder nicht, seine Menschlichkeitsessenz überhaupt nicht ändern. Indirekt bedeutet das auch, dass dies in keiner Weise seine Ansichten über das Leben oder sein Wertesystem verändern oder seine Einstellungen und Perspektiven zu allen möglichen Menschen, Ereignissen und Dingen lenken kann. Ist das nicht der Fall? (Das ist es.) Je mehr jemand in der Lage ist, streng mit sich selbst und tolerant gegenüber anderen zu sein, desto besser ist er in der Lage, sich zu verstellen, sich zu tarnen und andere mit gutem Benehmen und angenehmen Worten in die Irre zu führen, und desto hinterlistiger und niederträchtiger ist er von Natur aus. Je mehr er diese Art von Mensch ist, desto inniger werden seine Liebe für Status und Macht und sein Streben danach. Wie großartig, prächtig und richtig sein äußeres moralisches Verhalten auch zu sein scheint und wie angenehm es auch für Menschen anzusehen ist – das unausgesprochene Streben, das in den Tiefen seines Herzens liegt, wie auch seine Wesensnatur und sogar seine Ambitionen können jederzeit aus ihm hervorbrechen. Daher, so gut sein moralisches Verhalten auch ist, es kann weder seine eigentliche Menschlichkeitsessenz noch seine Ambitionen und Wünsche verbergen. Es kann seine abscheuliche Wesensnatur, die positive Dinge nicht liebt und der Wahrheit gegenüber abgeneigt ist und diese hasst, nicht verbergen. Wie diese Tatsachen zeigen, ist der Spruch ‚Sei streng mit dir selbst und anderen gegenüber tolerant‘ mehr als nur absurd – er entlarvt jene ehrgeizigen Menschentypen, die versuchen, solche Sprüche und Verhaltensweisen zu benutzen, um ihre unaussprechlichen Ambitionen und Wünsche zu verbergen“ (Das Wort, Bd. 6, Über das Streben nach der Wahrheit: Was es bedeutet, nach der Wahrheit zu streben (6)). Aus dem, was in Gottes Worten offenbart wird, begriff ich: „Hart zu sich selbst und tolerant gegenüber anderen“ zu sein sieht nach außen so aus, als sei jemand verständnisvoll, weitherzig und edel, doch tief im Inneren lauert ein unausägliches, dunkles, böses Motiv. Es geht darum, sich durch oberflächlich gutes Verhalten zu profilieren, um Bewunderung einzuheimsen und bei anderen höheren Status und höheres Ansehen zu genießen. Von außen betrachtet verhält sich so ein Mensch lobenswert, doch in Wirklichkeit ist er ein Heuchler, der vorgibt, ein guter Mensch zu sein. Ich dachte darüber nach, wie ich mich verhalten hatte und was ich in der Sache mit Connor an den Tag gelegt hatte. Egal wie schlampig und unverantwortlich er bei der Arbeit war, ich wies ihn nicht darauf hin, hielt nicht Gemeinschaft mit ihm und befasste mich nicht mit ihm, ich war wie immer verständnisvoll und nachsichtig. Auch wenn ich noch so viel zu tun und wenig Zeit hatte, ich sprang ein, wenn Connor etwas versäumt hatte, und erledigte es für ihn. Auch schwierige oder ermüdende Dinge. In Wirklichkeit zeugte das überhaupt nicht von Edelmut. Ich hatte Hintergedanken. Ich hatte Angst, seinen Stolz zu verletzen und ihn zu kränken, wenn ich ihn direkt darauf hinwies, und was würde er dann von mir denken? Ich wollte meinen Platz behaupten und bei den anderen einen guten Eindruck hinterlassen. Ich war keineswegs gewillt – sondern zwang mich, um es allen zu zeigen und meine Großzügigkeit zu beweisen. Und so wurde ich immer schlüpfriger und gerissener. Ein so verständnisvoller Mensch schien ich zu sein, aber dahinter steckten meine eigenen bösen Motive. Ich erweckte bei den Menschen einen falschen Eindruck, täuschte sie, hielt sie zum Narren. Wie kann das normale Menschlichkeit sein? An dem Punkt erkannte ich den Kern des Prinzips „hart zu sich selbst und tolerant gegenüber anderen“. Ich spürte, wie ekelerregend und verachtenswert die in meinem Herzen verborgenen Beweggründe waren. Außerdem war ich Gott sehr dankbar. Wenn Er mir nicht die Realität dieses Teils der traditionellen Kultur gezeigt hätte, wäre ich unwissend geblieben und würde immer noch denken, „hart zu dir selbst und tolerant gegenüber anderen“ zu sein sei gute Menschlichkeit. Endlich verstand ich, Satan benutzt diese Lüge, um uns in die Irre zu führen und zu verderben. Sie ist nicht die Wahrheit, oder ein Maßstab, um Menschlichkeit zu messen. Später las ich einen weiteren Abschnitt in Gottes Worten. „Wie vereinheitlicht die sogenannten Anforderungen und Sprichwörter der Menschheit in Bezug auf den moralischen Charakter auch sein mögen oder wie sehr sie dem Geschmack, den Anschauungen, den Wünschen und sogar den Interessen der Massen entsprechen – sie sind nicht die Wahrheit. Das ist etwas, was du verstehen musst. Und da sie nicht die Wahrheit sind, solltest du sie schnell abstreiten und aufgeben. Du musst auch ihr Wesen im Detail analysieren sowie die Folgen, die sich daraus ergeben, dass Menschen danach leben. Können sie in dir wirklich echte Reue hervorrufen? Können sie dir wirklich helfen, dich selbst zu kennen? Können sie wirklich bewirken, dass du das Abbild eines Menschen auslebst? Sie können nichts von alledem tun. Sie werden dich nur heuchlerisch und selbstgerecht machen. Sie werden dich noch gerissener und niederträchtiger machen. Manche sagen: ‚In der Vergangenheit, als wir uns an diese Aspekte der Traditionskultur hielten, hielten wir uns für gute Menschen. Wenn andere Menschen sahen, wie wir uns verhielten, hielten auch sie uns für gute Menschen. Aber eigentlich wissen wir in unserem Herzen, zu welcher Art von Bösem wir fähig sind. Ein wenig Gutes zu tun, verschleiert das nur. Aber wenn wir die guten Verhaltensweisen, die die Traditionskultur von uns verlangt, aufgeben, was sollten wir stattdessen tun? Welche Verhaltensweisen und Anzeichen werden Gott Ehre bringen?‘ Was hältst du von dieser Frage? Wissen sie immer noch nicht, welche Wahrheiten Menschen, die an Gott glauben, praktizieren sollten? Gott hat so viele Wahrheiten kundgetan, und es gibt so viele Wahrheiten, die die Menschen praktizieren sollten. Warum weigert ihr euch also, die Wahrheit zu praktizieren, und besteht darauf, falsche gute Menschen und Heuchler zu sein? Warum spielst du etwas vor? … Kurzum, auch wenn wir diese Sprüche über moralisches Verhalten aus der Traditionskultur aufgelistet haben, besteht das Ziel hierbei nicht darin, euch lediglich darüber zu informieren, dass es sich um menschliche Auffassungen und Vorstellungen handelt und dass sie von Satan stammen, und nichts weiter. Es geht darum, dass ihr klar versteht, dass das Wesen dieser Dinge falsch, verschleiert und betrügerisch ist. Selbst wenn Menschen diese Verhaltensweisen aufweisen, bedeutet das keineswegs, dass sie normale Menschlichkeit ausleben. Vielmehr benutzen sie diese falschen Verhaltensweisen, um ihre Absichten und Ziele zu vertuschen und um ihre verdorbenen Dispositionen und ihre Wesensnatur zu verschleiern. Infolgedessen werden die Menschen immer besser darin, anderen etwas vorzumachen und sie auszutricksen, was wiederum dazu führt, dass sie sogar noch verdorbener und böser werden. Die moralischen Maßstäbe der Traditionskultur, an die sich die verdorbene Menschheit klammert, sind mit den Wahrheiten, die Gott zu Ausdruck bringt, weder vereinbar noch stimmen sie mit irgendeinem der Worte überein, die Gott die Menschen lehrt, sie haben rein gar nichts miteinander zu tun. Wenn du dich immer noch an Aspekte der Traditionskultur klammerst, dann bist du gründlich irregeführt und vergiftet worden. Wenn es irgendeine Angelegenheit gibt, in der du dich an die Traditionskultur klammerst und dich an deren Prinzipien und Ansichten hältst, dann rebellierst du in dieser Angelegenheit gegen Gott und verletzt die Wahrheit, und du läufst Gott in dieser Angelegenheit zuwider. Wenn du dich an eine dieser Behauptungen über moralisches Verhalten klammerst, dich diesen verschreibst und sie als Kriterium oder Grundlage dafür nimmst, wie du Menschen oder Dinge betrachtest, dann ist das die Stelle, an der du dich geirrt hast, und wenn du Menschen bis zu einem gewissen Grad beurteilst oder ihnen schadest, dann wirst du eine Sünde begangen haben. Wenn du immer darauf bestehst, jeden an den moralischen Maßstäben der Traditionskultur zu messen, dann wird sich die Zahl der Menschen, die du verurteilt und denen du Unrecht getan hast, immer weiter vermehren, und du wirst Gott mit Sicherheit verurteilen und dich Ihm widersetzen, und dann wirst du ein Erzsünder sein“ (Das Wort, Bd. 6, Über das Streben nach der Wahrheit: Was es bedeutet, nach der Wahrheit zu streben (5)). Das Nachdenken über Gottes Worte brachte mir mehr Klarheit. Wenn wir bemerken, dass jemand bei der Arbeit nachlässig, gerissen oder unverantwortlich ist, sollten wir ihn darauf hinweisen, ihn zurechtstutzen und mit ihm umgehen, damit er die Natur und die Folgen seiner Nachlässigkeit erkennt und rechtzeitig korrigiert. Das ist es, was jemand mit guter Menschlichkeit tun sollte. Aber um mein Ansehen und meinen Status zu wahren, war ich nachsichtig und tolerant und schwieg, wenn ich Probleme sah. So konnte Connor sich seiner verdorbenen Disposition nicht bewusst werden und war weiterhin unverantwortlich in seinen Pflichten. Das ist schädlich für den Lebenseintritt – eine Verfehlung. Ich war nicht im Entferntesten rücksichtsvoll oder verständnisvoll ihm gegenüber, sondern schadete ihm. Mir wurde klar, dass ich keineswegs ein guter Mensch war. Ich beeinträchtigte die Kirchenarbeit und schadete Brüdern und Schwestern. Ich habe es persönlich erlebt: „Sei hart zu dir selbst und nachsichtig mit anderen“ sind keine guten Worte, nach denen man leben sollte. Sie sind ein Trugschluss, den Satan benutzt, um Menschen in die Irre zu führen und zu verderben. Ich durfte mich nicht von Satan täuschen lassen – ich musste tun, was Gott verlangt, auf der Grundlage von Gottes Worten und mit der Wahrheit als Maßstab für wie ich die Dinge sah und wie ich handelte. Wenn ich danach merkte, dass Connor Probleme hatte, war ich nicht länger nachsichtig. Ich machte ihn darauf aufmerksam, damit er sie erkennen und Dinge ändern konnte.
Es dauerte nicht lange, da wurde mir die Verantwortung für ein anderes Projekt übertragen. Ich ging hin, um es mir anzusehen, bemerkte ich, dass ein Bruder seine Pflicht nicht ernst nahm und bei allem, was er tat, schlampte. Ich wollte die Sache einfach selbst erledigen, um ihn nicht darauf hinzuweisen und in Verlegenheit zu bringen. Dann wurde mir klar, dass ich mit diesen Überlegungen meine eigenen Interessen schützen wollte, um bei anderen ein gutes Bild abzugeben. Ich hatte Angst, ihn zu kränken, ihn zu beschämen. Das ist ein verachtenswertes Motiv! Ich erinnerte mich an etwas, das Gott sagt: „Während du deine Pflicht angemessen ausübst, musst du zur gleichen Zeit sicherstellen, dass du nichts tust, das dem Lebenseintritt von Gottes Auserwählten nicht zugutekommt, und nichts sagst, das für die Brüder und Schwestern nicht hilfreich ist. Zum allermindesten darfst du nichts gegen dein Gewissen tun und nichts, das in irgendeiner Weise schändlich ist. Insbesondere Dinge, die gegen Gott rebellieren oder sich Ihm widersetzen, darfst du unter keinen Umständen tun und auch nichts, das die Arbeit oder das Leben der Kirche stört. Sei bei allem, was du tust, gerecht und ehrenhaft und stelle sicher, dass jede deiner Handlungen vor Gott präsentabel ist“ (Das Wort, Bd. 1, Das Erscheinen und Wirken Gottes: Wie ist deine Beziehung zu Gott?). Gottes Worte zeigten mir den Grundsatz, nach dem ich handeln muss. Was immer ich tue, es muss dem Leben anderer zugute kommen und sie erbauen. Außerdem muss ich die Gottes genaue Prüfung völlig offen akzeptieren. Als ich sah, dass dieser Bruder schlampig war, sollte ich es ihm sagen, damit er sein Problem erkennen und rasch etwas ändern könnte. Das wäre gut für seinen Lebenseintritt und für die Kirchenarbeit. Wenn ich den Mund halten und ihm nur stillschweigend helfen würde, könnte er seine Probleme nicht erkennen und würde bei seiner Aufgabe nicht vorankommen. Mit diesem Gedanken im Kopf sprach ich mit ihm über die Probleme, die ich in seiner Arbeit sah. Er hörte mich an und versprach, sich zu ändern. Erleichterung und Frieden erfüllten mich, nachdem ich es so in die Praxis umgesetzt hatte, und wir erzielten bessere Ergebnisse in unserer Arbeit als zuvor. Dem Allmächtigen Gott sei Dank!